Ein bisschen frivol darf eine Hochzeitszeitung durchaus sein. Dennoch: Vertrauliche oder diskriminierende Information über das Brautpaar gehören nicht hinein. Wahren Sie die Grenzen des sittlichen Ernstes, und lassen Sie Ihre Leser dennoch in sinnliche Fantasien schwelgen.
Damals und heute
Der Ehemann bediene in dem mit Blumen versehenen, von aromatischen Wohlgerüchen durchzogenen Wohnort der Wollust, dem für das Lustspiel zurechtgemachten Schlafgemach, die gebadete und wohl duftende Frau mit freundlich aufmunternden Worten und mit einem aphrodisischen Tranke. Er setze sich an ihrer Seite nieder, befühle ihren Haarschopf, den Saum des Gewandes (Zensiert) und umarme sie mit einem Arme, aber nicht zu ungestüm. Dann folgt (Zensiert) mit Worten des Scherzes und der Zuneigung: allgemeine Unterhaltung über nicht gesellschaftsfähige und zweideutige Dinge, Instrumentalmusik mit oder ohne Tanz, dann nochmals Anregung mittels eines aphrodisischen Trankes. Wenn sie dann wieder in Aufregung geraten ist, soll er sie wieder mit (Zensiert) freudig erregen und (Zensiert) befriedigen. So ist der Anfang des Liebesgenusses.
Wenn sie die Leidenschaft gestillt haben, gehen beide, getrennt und ohne einander anzusehen, ins Toilettenzimmer und nehmen, von dort zurückgekehrt, wieder nebeneinander Platz. Beide nehmen einen Trunk Wasser, Naschwerk oder sonst etwas ihrer Gewohnheit Entsprechendes: klare Säfte, kräftigende Brühen, Kurzgebratenes, Gedörrtes, Früchte - je nach Gewohnheit der Region. Hierbei unterhalte er sie mit geeigneten Erzählungen, erheitere sie mit Anekdoten und verwöhne sie mit allerlei Leckereien, während sie, in seinem Schoße liegend, bewundernd zu ihm aufblickt. Das ist das Ende des Liebesgenusses. (Sehr frei nach dem Kamasutra)
Oder: Schlafzimmerregeln für Liebende
Erfreulich und spritzig sollen die erotischen Stunden für beide Partner sein. Aber sind sie es auch immer? Damit dieser »heikle Bereich« nicht in eine Schieflage kommt, hier einige Regeln, die Sie einhalten sollten, um einen sinnlich ungehemmten Genuss zu erleben. Natürlich steht Ihnen frei, wie viele Ratschläge Sie sich davon zu Bette nehmen.
Ziehen Sie lieber gar nichts an als etwas Reizloses. | |
Wenn's schon sein muss, tragen Sie saubere, wohlriechende Socken im Bett. | |
Gestalten Sie das Erlebnis sexy und abwechslungsreich - nutzen Sie mal die andere Bettseite. | Eile mit Weile: Genießen Sie die intime Zweisamkeit, auch wenn Sie schon längst woanders sein müssten. |
Gekonnt ablehnen: Sagen Sie auf rücksichtsvolle und behutsame Weise Nein. Bieten Sie eine Alternative an wie »Liebling, lass uns doch die Sportschau gucken.« | |
Seien Sie erfinderisch! Lassen Sie sich was einfallen! (Sie, nicht die Redaktion!) | |
Denken Sie daran, dass Ihr Liebesleben immer wieder eine Auffrischung braucht. Duschen Sie daher gelegentlich vor dem Vorspiel. | |
Genießer, genießen Sie in Ruhe und verursachen Sie keinen unbotmäßigen Lärm. |
Tragen Sie nichts, was Ihre Großmutter getragen hätte. | |
Streifen Sie schmutzige Socken spätestens auf der Bettkante ab. | |
Schauen Sie beim Liebesspiel weder auf die Uhr noch auf den Fernseher, auch wenn Sex in the City schon begonnen hat. | |
Sex ist kein Wettrennen, Sie müssen nicht als Erster durchs Ziel. | |
Gekonnt ablehnen: Sagen Sie nicht vorschnell und brüsk Nein. Zählen Sie bis drei, ehe Sie den Fernseher einschalten. | |
Langweilen Sie Ihren Partner nicht mit erotischen Anekdoten aus Ihren Sandkastentagen. | |
Drücken Sie Änderungswünsche nicht unnötig vage aus. Sagen Sie offen, dass der Nachbar/die Nachbarin Ihnen frischer geduscht vorkommt als der Partner/die Partnerin. | |
Schockieren Sie Ihre Nachbarn nicht. Vermeiden Sie eindeutiges Lärmen am Abend oder in der Nacht. Nutzen Sie lieber die helle Tageszeit, in der nebenan der Staubsauger brummt. |
Zeile um Zeile Anleitung für frisch gebackene Eheleute
»Küssen - damals und heute« ist das Thema unserer neuen Serie. In dieser werden wir uns über die Jahrhunderte hinweg mit den Kussgewohnheiten der Menschen in unterschiedlichen Kulturnationen beschäftigen. Denn: Wie küssen Menschen in extremen klimatischen Bedingungen? Was zeichnet den höflichen Kuss der Japaner aus? Wann und wie werden Füße richtig geküsst? Kann der Papst die Länder am Kussgeschmack des Bodens erkennen? In dieser Folge zeigen wir anhand von Schritt-für-Schritt-Fotos Küssen für Anfänger, für Fortgeschrittene und für Profis. Doch lassen wir zuerst einen Arzt, der sich bereits im 17. Jahrhundert wissenschaftlich mit dem Küssen beschäftigt, zu Worte kommen. In unserer nächsten Ausgabe erscheint dann die Reportage des Kussforschers Anton Kussmaul über die Entwicklung des Küssens bei den Enui.
Nirgends hin als auf den Mund:
Da sinkts in des Herzen Grund;
Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,
Nicht mit gar zu faulen Zungen.
Nicht zu wenig, nicht zu viel:
Beides wird sonst Kinderspiel.
Nicht zu laut und nicht zu leise:
Bei der Maß' ist rechte Weise.
Nicht zu nahe, nicht zu weit:
Dies macht Kummer, jenes Leid.
Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,
Wie Adonis Venus reichte.
Nicht zu harte, nicht zu weich,
Bald zugleich, bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam, nicht zu schnelle,
Nicht ohn' Unterschied der Stelle.
Halb gebissen, halb gehaucht,
Halb die Lippen eingetaucht,
Nicht ohn' Unterschied der Zeiten,
Mehr alleine denn bei Leuten.
Küsse nun ein jedermann,
Wie er weiß, will, soll und kann!
Ich nur und die Liebste wissen,
Wie wir uns recht sollen küssen.
Paul Fleming (1609-1640), deutscher Lyriker und Arzt